Patin: Dr. Sandra Dohmen, Aachen (sdohmen@ukaachen.de)
Die Telemedizin stellt für die fünf Säulen des Faches Anästhesiologie eine definierte, elementare und unabhängige Methodik dar. Anwendungsfallunabhängig dient sie dem orts- und zeitunabhängigen Zugang zu Expertise. Vierteljährlich wird ein virtuelles Treffen angeboten.
Das Aufsetzen und die Implementierung von telemedizinisch gestützten Versorgungsprozessen erfordert Personal mit fachlichen und digital-medizinischen Kompetenzen, eine sichere, zuverlässige und niedrigschwellige Technologie, rechtliche Rahmenbedingungen und eine möglichst auskömmliche Refinanzierung. Sind diese Erfolgsfaktoren erfüllt hat die Telemedizin das Potential sowohl zu Sicherstellung als auch zu Qualitätssteigerung beizutragen.
In der Anästhesie z.B. ermöglicht die sogenannte Tele-Prämedikation eine rechtskonforme, risikoadaptierte, präoperative Bewertung und Aufklärung von Patienten. In der Intensivmedizin tragen telemedizinische fachärztliche Konsile zum Expertisetransfer in bestimmten Indikationen, z.B. der Sepsis, dem akuten Lungenversagen oder COVID19, bei. Telemedizinische Visiten, die Qualitätsindikatoren- und Leitlinienadhärenz fokussieren, stellen ein Qualitätsmerkmal dar. In der Notfallmedizin dominiert das Tele-Notarztsystem, welches bereits Einzug in die Regelversorgung gehalten hat. Telemedizin ermöglicht hier in deklarierten Einsatzfällen die Delegation festgelegter ärztlicher Maßnahmen, so z.B. die Applikation bestimmter Medikamente, an Rettungsdienstpersonal, welches sich am Einsatzort befindet. In der Schmerzmedizin kann die Telemedizin den Zugang zu spezialisierten Schmerztherapeuten erleichtern und ergänzen, insbesondere wenn Vor-Ort-Konsulatationen für Patienten erschwert sind. Telemedizinisch unterstützt können einfache Bewegungen geprüft, Symptome erfasst und besprochen sowie Medikamente angepasst werden. In der Palliativmedizin kann die Telemedizin persönliche Präsenz-Visiten bedarfsorientiert und individuell ergänzen. In dringlichen Situationen wie einer unerwarteten Blutung oder Schmerzeskalation kann so ein prompter Einblick am Krankenbett im häuslichen Umfeld Patienten Angehörige auch akut unterstützen.
Im Dezember 2022 gründeten VertreterInnen langjährig in der Tele-Intensivmedizin erfahrener Kliniken, die Uniklinik Aachen, die Charité Universitätsmedizin Berlin und das Universitätsklinikum Münster, den Tele-ICU Round Table. Diesem sitzen mit schnellem Wachstum aktuell 14 telemedizingebende Kliniken aus insgesamt 10 Bundesländern bei. Ziel ist die kooperative Implementierung und Standardisierung der Tele-Intensivmedizin. Dazu führt der Table z.B. bundesweite Befragungen zum Praxisstand durch und erhebt und vergleicht die telemedizinischen Dokumentationen der einzelnen Kliniken. Dies geschieht mit dem Ansatz und Ziel einen Minimaldatensatz Tele-ICU zu erstellen. Hierzu führt der Table aktuell ein schon weit fortgeschrittenes Delphi-Verfahren durch. Die entstehende Minimaldokumentation soll im Anschluss semantisch standardisiert werden.